Nachlese Wittmann im Laufe der Zeit mit Philipp Wittmann
 

Nachlese Wittmann im Laufe der Zeit mit Philipp Wittmann

 
Am 31. Mai war Philpp Wittmann bei uns zu Gast und es war einer jener besonderen Abende, die unseren Beruf zu einem wunderbaren machen: Weltklasse-Rieslinge, ein sympathischer und kompetenter Spitzenwinzer, gut gelaunte Gäste und ausgezeichnetes Essen.

Philipp zählt ohne Zweifel zu den besten Rieslingwinzern unser Zeit. Grund genug die Entwicklung seiner Weine im Laufe der Zeit unter die Lupe zu nehmen. Dafür haben wir zehn seiner Rieslinge aus den Großen Lagen Aulerde, Brunnenhäuschen, Kirchspiel und Morstein aus Jahrgängen zwischen 2007 und 2017 aus unserem Keller geholt - mit Ausnahme von La Borne 2015 alle aus der Magnum. Abgerundet haben wir das Programm mit einem Westhofener Ortsriesling als Apero und einem Spätburgunder aus dem Hause Wittmann.

Alle Flaschen waren in perfekter Verfassung und sowohl die Weine als auch Philipp haben bestätigt, dass die Weine im Magnumformat langsamer reifen als in Normalflaschen. Es fällt schwer einzelne Weine hervorzuheben. In der Entwicklung war klar spürbar, dass die Weine aus den Nullerjahren mit deutlich höherem Restzucker (bis zu 6 Gramm) vinifiziert wurden als 10 Jahre später (unter 3 Gramm). Die jüngeren Weine wirken deutlich straffer. Die Jahrgänge 2007 und 2008 präsentieren sich in perfekter Trinkreife, 2012 enorm jugendlich mit noch viel Potential. 2015 bereits gut antrinkbar und der schwierige Jahrgang 2017 präsentiert sich aus der Magnum noch in einer Jungweinphase, die ebenfalls Freude bereitet. Insgesamt empfiehlt es sich jedenfalls die Großen Gewächse mindestens sieben, besser noch 10 Jahre reifen zu lassen um ihr volles Potential im Glas erleben zu können.

Der besonders gefragte Versteigerungswein La Borne ist übrigens eine nur 1800 m2 kleine Morstein Parzelle, die laut Philipp Oberes Brunnhäuschen heißen wurde - jetzt verstehen wir warum der Wein La Borne heisst ;-) Für Philipp ist La Borne nicht grundsätzlich der bessere Wein der beiden Einzellagen sondern auf gleichem Niveau. Viellicht trifft es Heiner Lobenberg mit ‚Eine Art Brunnenhäuschen aus dem Morstein‘ auf den Punkt.



Die Kurzbeschreibung der Lagen sowie der verkosteten Weine im Anhang haben wir uns von Michael Kantor ausgeborgt, der diese in einem Nachbericht in seinem Weinlog auf speising.net veröffentlich hat - vielen Dank!

Zun den großartigen Weinen gab es Fischspezialitäten inklusive einer wunderbaren Bouillabaisse von Eishken. Vielen Dank an Philipp Wittmann für den Besuch und viele spannende Insights sowie natürlich allen Gästen fürs Dabeisein.

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KURZBESCHREIBUNG DER LAGEN UND VERKOSTETEN WEINE*

AULERDE
Eine warme Lage, in Südausrichtung. Tonmergel mit einem Anteil an Lößlehm und Kalkstein. 70 jahre alte Reben.

KIRCHSPIEL
Kühler als die AULERDE, Süostausrichtung, wie ein kleines Amphitheater. Tonmergel mit viel Kalkstein.

BRUNNENHÄUSCHEN
Östlich der MORSTEIN, rein nach Süden. Relativ hoch, mit 240 Meter und viel Westwind, erzeugt ein kühles Kleinklima. Tonmergel mit Kalkstein und etwas TERRA ROSSA, sprich Eisenoxid.

MORSTEIN
Die Lage mit dem bestem Ruf. Reiner Südhang auf 280 Meter Höhe. Die älteste Lage in Westhofen. Tonmergel mit Kalkstein und Kalksteinfels als Untergrund.



Als Start RIESLING WESTHOFEN 2018, der Basiswein ist ein Tipp. Trinkspaß auf hohem Niveau.

AULERDE GG 2007 MAGNUM
Ein Wein der rasch Spaß macht. Die wärmste Lage ist ein perfekter Gastrowein. Leicht rauchig und ruhig die Nase. Dezente Marille, Melisse, Kräuter. Super die Textur und Cremigkeit am Gaumen. Wird leicht nußig im Finale und schöne Fruchtnoten. Lang und am Punkt. Ganz toll zu trinken.

MORSTEIN GG 2007 MAGNUM
Sehr reduziert zu Beginn, irre Struktur und Säure. Sehr präzise und wirkt jung. Das ist Welklasse im Glas. Die Mineralität ist beeindruckend. Dezent von einer feinen Marillennote begleitet. Langes Finale. Kräuter und Zesten. Stein im Abgang. Toller Stoff.

KIRCHSPIEL GG 2008 MAGNUM
Auch ein sehr präziser Wein, eine Mischung aus AULERDE und MORSTEIN. Cremigkeit mit einer schönen Mineralität. Minze, kühle Noten am Gaumen. Das Finale wirkt karger als bei den 2007er. Ein Maul voll Wein und wunderbar zu trinken.

BRUNNENHÄUSCHEN GG 2008 MAGNUM
Diese Flasche braucht merklich Luft, anfangs verhalten und geht etwas unter dem dem KIRCHSPIEL. Dann rauchiger, kalte Asche, Minze. Marillenhaut. Wird immer cremiger bei guter Struktur und feiner Säure. Wirkt etwas kühler und trinkt sich dann recht gut bereits.

AULERDE GG 2012 MAGNUM
Der Charme der Aulerde schlägt wieder zu. Sehr einladend und schmeichelnd. Hauch Streichholzkopf und eine feine Minznote. Lemoncurd mit Marillenspalten, oder so. Super zu trinken. Gute Säure und Struktur. Hat Zug am Gaumen und somit auch noch Zukunft. Toller Wein.

MORSTEIN GG 2012 MAGNUM
Der Morstein ist wieder der größere Wein, noch jung und verhaltener. Braucht Zeit im Glas. Hat dann eine irre Säure und Struktur. Das ist großes Kino. Feine Frucht kommt auf. Viel zu jung und wenn dann jetzt in der Normalflasche. Mineralität und kalkige Noten Abgang. Danke.

MORSTEIN GG 2015 MAGNUM
Ein aufregender flight, der da serviert wurde. Tolles Jahr, warm genug, aber auch kühle Nächte im Herbst. Reduziert und mineralisch die Nase. Elegant kommt die Marille aus dem Glas. Etwas Ananas und frische Blumen. Wiese, Minze. Kühl. Ganz groß am Gaumen. Vollreife Marillen jetzt. Zieht sich dann zurück. Zu jung in der Magnum. Lang und präzise im Abgang. Großer Wein in ein paar Jahren.

LA BORN VERSTEIGERUNGSWEIN 2015 NORMALFLASCHE
Diese besondere Parzelle kann man als Rarität ansehen und wird über die Versteigerung der deutschen Prädikatsweingüter in Trier verkauft. Gelegen oberhalb des BRUNNENHÄUSCHEN und im oberen Teil des MORSTEIN. Hoher Kalkanteil im Boden und alte Reben. Der Name kommt aus dem Französischem, der Grenzstein. Rheinhessen war mal bei Frankreich. Der Wein ist ein Hammer. Ich hatte in schon einmal, somit war die Erwartungshaltung groß, und sie wurde erfüllt. Sexy ist das, dem Morstein ähnlich, vielleicht insgesamt etwas tiefer und verführerischer im Moment ( Normalflasche). Viel Marille, viel Orangenzesten, Minze, Ananas, Exotik kommt hinzu. Säure und Struktur optimal. Großartig, trotzdem natürlich jung.

AULERDE GG 2017 MAGNUM
Das kommt wieder recht gut und sehr jung daher. Selbst die AULERDE wirkt noch uncharmant. Ein paar Jahre sind sicher von Nöten. Gutes Paket.

MORSTEIN GG 2017 MAGNUM
Hier gilt das ebenso. Mehr Mineralität und auch eine feines Weinpaket. Mit Luft wirkt er nicht mehr so verschlafen und hat mehr Zug am Gaumen. Man freut sich auf das Wiedertrinken.

SPÄTBURGUNDER RESERVE 2018
Also zu Deutsch ein PINOT NOIR. Jetzt noch eine Spielerei des Winzers, bald ein großes Gewächs. Noch etwas vom Holz geprägt, dominieren zuerst laktische Noten und Vanille. Dann Kirsche, Schoko und Beeren. Gute Länge. Man darf den Wein nicht unterschätzen. Sicher zu beobachten was da noch kommt.

Autor: Michael Kantor
Quelle: https://speising.net/blogs/traubing/2022-06-02/