Protokoll eines hedonistischen Abends
 

Protokoll eines hedonistischen Abends

 
Die zweite Ausgabe von #schmerzbefreittrinken am 9. März war ein großartiger Abend mit vielen Wein-Highlights in einer gut gelaunten Runde von Weinliebhabern. Das Konzept von #schmerzbefreittrinken ist ganz einfach: Wir öffnen unsere Schatzkammer, wählen ca. 15 unser besten Weine aus und geniessen diese mit Gleichgesinnten in unserem Verkostungskeller.

 

1. AKT: SCHAUMWEIN UND KAVIAR

Gut Hermannsberg Riesling Kupfergrube Extra Brut Versteigerung 2013
Krug Brut Vintage 1982
Osietra Alpenkaviar

Straff und staubtrocken, gepaart mit heller Frucht und einer Säure, die nicht zwingend einen Rieslingsekt vermuten lassen, präsentierte sich der prämierte Versteigerungssekt von Gut Hermannsberg. Ein toller Einstieg und Auftakt zu unserer Vorspeise: Osietra Kaviar aus Hinterstoder. Feines mittelgrosses Korn, angenehm aber nicht zu cremig, feine nussige Noten und nicht zu salzig. Klassisch serviert mit Weissbrot und Butter. Kombiniert mit dem 82er Krug das erste Highlight des Abends. Die Flasche ist sehr reif, die sehr präsenten Röstaromen integrieren sich im Glas wunderbar, am Gaumen komplex und charmant gleichzeitig. Feinstes Mousseux verleiht ihm die nötige Frische. Zwei spannende Schaumweine, die in ihrem Charakter kaum unterschiedlicher sein könnten.

   

2. AKT: DAS LEGENDENDUELL DAS KEINES WAR

F.X. Pichler Riesling Kellerberg Smaragd 1990
Hirtzberger Riesling Singerriedel Smaragd 1990
(Knoll Grüner Veltliner Schütt Smaragd 1992)

Zum Duell der Rieslinglegenden aus der Wachau konnte leider nur ein Wein antreten - Singerriedel 1990 war leider fehlerhaft. Kellerberg 1990 hingegen der erwartete Gigant. Nach wie vor mit einer herrlichen Frische, strahlender Frucht und wunderbaren Säurestruktur. Der ‘Ersatzwein’ Knoll GV Schütt 1992 ist auch ein ausgezeichneter Wein seiner Zunft, tut sich aber erwartungsgemäß gegen den eleganten Riesling sehr schwer.

 

3. AKT: DIE UNGLEICHEN BRÜDER

Keller, Klaus Peter Riesling Morstein GG 2011
Wittmann Riesling Morstein GG 2011

Kaum zu glauben, dass diese beiden Rieslinge aus der gleichen Lage und dem gleichen Jahr stammen. Großartige Frische und Präzision, karg und - trotz des heißen Jahrgangs - mit packender Säure ausgestattet zeigte sich die Interpretation von Klaus Peter Keller - Chapeau für dieses salzig-reduzierte Meisterwerk. Der Wein von Philipp Wittmann zeigte sich in der Nase deutlich offener - viel Kamille, gelbe Birne, Schwarztee. Am Gaumen deutlich gereifter mit mehr Charme & Fülle ausgestattet.

 

4. AKT: RHONE GEGEN RANGER

Jean Louis Chave Hermitage Blanc 2015
Sine Qua Non Entre Chien et Loup (weiß) 2015

Dank der Grosszügigkeit zweier Gäste gab es vor der Jausenpause unverhofft einen zusätzlichen Weissweinflight: von Chave aus dem Rhonetal 100% Marsanne, von Manfred Krankl aus Kalifornien ein Rhone Blend (40% Chardonnay, 40% Roussanne, 8% Petite Manseng, 8% Viognier). Beide Weine grossartig und gleichzeitig noch viel zu jung. Der Sine Qua Non wird noch stark von Holz dominiert, ist aber deutlich leichter und eleganter als die frühen Weissweine von Manfred Krankl. Der weißen Hermitage von Chave zählen zurecht zu den größten Weinen des Rhonetals. Viel Luft konnten wir dem Wein leider nicht geben, die Gier hat gesiegt - der massive 2015er zeigte sich zugänglicher und mit irre komplexer Nase.

 

  

 

5. AKT: ZWEI SEITEN DER BURGUND

Rousseau Gevrey Chambertin Clos St. Jacques 2010
Domaine Noellat Romanée Saint Vivant 1983

Zum Start der Flight aus dem Burgund der zwei sehr unterschiedliche, aber beides wunderbare Seiten dieser Region zeigt. Der Clos St. Jacques betört mit jugendlicher Rotfrucht in der Nase. Ein Wein den man fast nicht kosten möchte weil er gar nicht so gut schmecken kann wie er riecht. Obwohl auch am Gaumen grossartig, ist das dann tatsächlich auch der Fall. Das Ende der Primärfruchtphase ist nah und wir hoffen, diesen Wein in 20 Jahren nochmals trinken zu können. Der 83er Romanée Saint Vivant zeigt sich dem Alter entsprechend reif. Ein wunderbarer Burgunder klassischer Schule der diese Form vermutlich noch die nächsten 30 Jahre halten wird.

 

6. AKT: DAS UNFAIRE 100 PUNKTE DUELL

Guigal Cote-Rotie "La Turque" 1999
Paul Jaboulet Hermitage La Chapelle 1990

Die Sorge, das der La Chapelle einen leichten Kork hat, bestätigt sich leider. Sehr schade - dennoch kann man noch erkennen warum dieser Wein 100 Punkte verdient hat. Der La Turque bringt aber sehr schnell das Strahlen in unsere Gesichter zurück. Dicht, konzentriert ohne dabei schwer zu wirken, facettenreich mit noch wunderbaren Fruchtnoten kombiniert mit feiner Würzigkeit. Eines jener Trinkerlebnisse, dass uns zu Weinliebhabern macht!

 

7. AKT: DAS PROBLEM DER GROSSEN FUSSTAPFEN

Chateau Ausone Ausone 1999
Tenuta dell´Ornellaia Masseto 2004

Nach La Turque 1999 serviert zu werden ist für jeden Wein ein hartes Los. Der Ausone macht dabei eine wirklich gute Figur. Vermutlich der beste Bordeaux aus dem Durchschnittsjahr 1999 (95 PP). Charmante Frucht gepaart mit klassischen Bordeauxnoten. Nicht ganz die Komplexität des La Turque, aber ein wirklich grossartiger Wein. Der höher bewertetete Masseto (97 PP) strengt fast an und bietet nicht den gleichen Trinkgenuss. Unglaublich dicht und konzentriert, tolle Frucht, die Tannine noch sehr präsent - ein toller Wein, aber ein Glas reicht.

 

8. AKT: SONNENUHR UND GÄNSELEBER

Molitor, Markus Riesling Wehlener Sonnenuhr AL GK *** 2013
Molitor, Markus Riesling Zeltinger Sonnenuhr AL GK *** 2013

Zu mit Gänseleber gefüllten kandierten Feigen, servieren wir den letzten Flight und auch gleichzeitig ein Highlight des Abends. Die Frische eines Kabinetts mit der Komplexität und Länge einer Auslese kann man nicht besser kombinieren. Riesling in Reinform der die köstlichen Feigen zu einer netten Beilage degradiert. Die Wehlener Sonneuhr einen Tick rassiger als die Zeltinger. Gemeinsam mit FX Kellerberg 1990 und La Turque 1999 für uns der Wein des Abends.