Protokoll eines hedonistischen Abends – schmerzbefreittrinken #3
 

Protokoll eines hedonistischen Abends - schmerzbefreittrinken #3

 
Eine #schmerzbefreittrinken Verkostung ist für uns immer etwas ganz Besonderes. Das beginnt bei der Auswahl der Weine aus unserer Schatzkammer, der Höhepunkt ist natürlich der gemeinsame Genuss mit unseren Gästen und endet bei der Formulierung unserer Verkostungsnotizen.


Die dritte Ausgabe dieses Verkostungsformats haben wir aus Corona-Gründen nicht in unserem trinkreif Verkostungskeller veranstaltet, sondern sind in den Weinclub 7 ausgewichen. Herzlichen Dank an die dortige Hausherrin Brigitte Achs für die Gastfreundschaft. Doch nun zu den Weinen des Abends:





OUVERTURE: DER WOLF IM SCHAFSPELZ
F.X. Pichler Riesling Burgstall Federspiel 2013


Der Riesling Burgstall 2013 von F.X. Pichler tarnt sich als Federspiel, könnte blind aber locker als Smaragd durchgehen. Der Wein zeigt, was Insider schon lange wissen, auch Federspiele können wunderbar reifen. Wirkt immer noch sehr frisch, hat einen ordentlichen Zug und überrascht mit einer wunderbaren Länge. Selbst Lucas Pichler meint in seiner Video-Verkostungsnotiz zu diesem Wein, dass dieser ganz nahe am Smaragd ist.

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1. AKT: DAS DUELL DER WINZER-CHAMPAGNER
Eric de Sousa Cuvee Umami GC 2009
Pascal Agrapart Blanc de Blancs Avizoise Extra Brut GC 2006


Zum Kaviar gab es diesmal zwei Winzer-Champagner, das Duell war schnell entschieden. Die überragende Cuvee Umami GC 2009 von Eric de Sousa ist der einstimmige Sieger dieses Flights. Dieser Jahrgang stammt aus verschiedenen Einzellagen des Grand Cru-Terroirs. UMAMI trifft es genau, der Champagner hat enorme Länge, Tiefgang, eine samtige Struktur, Mineralität und ist vollmundig im Geschmack. Das Problem des ebenfalls wunderbaren Agrapart Blanc de Blancs Avizoise Extra Brut Grand Cru 2006 war an diesem Abend lediglich sein Gegner.

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2. AKT: SOLO FÜR DEN SOLITAIRE
Krug Vintage Collection 1988


Ehre wem Ehre gebührt und so haben wir die nächste Flasche ohne Gegner und ohne Kaviar serviert. Aus einem der besten Champagner-Jahrgänge der letzten Jahrzehnte ist die Krug Vintage Collection 1988 etwas ganz besonderes. Erst 2017 degorgiert, hat dieser Champagner alles, was eine perfekte Flasche Vintage Champagner auszeichnet. Die anfangs präsenten Röstaromen integrieren sich im Glas wunderbar, am Gaumen komplex und charmant gleichzeitig. Feinstes Mousseux verleiht ihm die nötige Frische. Für alle Fans gereifter Champagner ein wahrhaft solitäres Erlebnis!

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3. AKT: DAS UNGEPLANTE FREISTIL-DUELL
Knoll Riesling Schütt Smaragd 1994 Magnum / F.X. Pichler Riesling Unendlich 2006
Bürklin Wolf Riesling GC Kirchenstück 1996


Die Idee war ein Duell der subtilen Riesling-Klingen. Zwei präzise Weine aus eher kühlen Jahrgängen sollten sich in ihrer Raffinesse duellieren. Leider hatte die geplante Knoll Riesling Schütt Magnum 1994 einen Kork. Der Ersatz - ein FX Pichler Riesling Unendlich 2006 - machte den Flight zu einem Duell ungleicher Waffen. Der an sich schon opulente Unendlich aus dem noch dazu mächtigen Jahrgang 2006 ist von charmanter Mächtigkeit, trinkanimierend und in einem wunderbaren Trinkfenster. Sehr viel Kraft, trotzdem schön balanciert. Mit Ausnahme von Julius auch der Favorit der Runde. Das Bürklin Riesling GC Kirchenstück 1996 hätte sich in seiner reifen Eleganz und Feinheit bestimmt neben dem Schütt 1994 wohler gefühlt. Manchmal kann man sich seine Gegner nicht aussuchen.


4. AKT: BURGUND GRAND CRU GEGEN BURGUND GRAND CRU
Domaine Leflaive Bienvenues-Batard Montrachet GC 2014
Pierre-Yves Colin-Morey Corton-Charlemagne GC 2011


Ein weiteres Highlight des Abends: Pierre-Yves Colin-Morey Corton-Charlemagne GC Chardonnay 2011 und Leflaive Bienvenues-Batard Montrachet GC 2014. Colin Morey zeigt von Beginn an betörende Orangenzesten in der Nase und am Gaumen legt dieser große Burgunder mit der Zeit weiter zu. Nach 20 Minuten haben sich die Holznoten perfekt integriert, eine herrliche Rauchigkeit begleitet einen langen Abgang und macht den Wein ihn zum Favoriten dieses Flights. Obwohl der Leflaive frisch im Glas die Nase vorne hat, wirkt er dann neben dem Colin Morey ein wenig schüchtern, fast verloren. Trotzdem schön ausbalanciert mit guter Säure, Zitrusduft in der Nase. Schöne Länge. Ein toller Vertreter aus dem Traumjahr 2014.


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5. AKT: DAS DUELL DER FAST HUNDERTJÄHRIGEN
Chateau Beychevelle 1928
Chateau Mouton Rothschild 1921


Der programmierte Höhepunkt des Abends, zwei fast hundert Jahre alte Weine. Wir nähern uns der Mouton Rothschild 1921 mit viel Ehrfurcht. Ein Wein in diesem Alter ist nicht alltäglich. Für vermutlich die meisten Gäste am Tisch der älteste Wein, der jemals getrunken wurde. Spannend, weil der Wein noch eine unglaubliche Aromenvielfalt zeigt und alles zu bieten hat was ein großer Wein braucht. Julius erläutert das in seiner Verkostungsnotiz wunderbar. Allerdings kann man dem Wein im Glas beim Sterben zusehen und nach 15 Minuten ist die Show vorbei. Insgesamt eine ganz tolle Erfahrung. Beychevelle 1928 ist zwar nicht der gleich große Name, zeigt sich aber noch deutlich besser in Schuss und hält dem Sauerstoff auch länger stand. Insgesamt ist der Flight der ersehnte Höhepunkt des Abends.




6. AKT: BIONDI MASCARELLO BAROLO DI MONTALCINO
Bartolo Mascarello Barolo 2004
Biondi Santi Brunello di Montalcino Riserva 1988


Die Erinnerungen beginnen etwas zu verblassen und die gemachten Notizen werden spärlicher. Die Weine dafür umso kräftiger: Erstaunlich jung präsentiert sich Biondi Santi Brunello di Montalcino Riserva 1988 - ein toller Jahrgang in der Toskana. Der Wein hat Kakao, Tabak und etwas Vanille in der Nase - am Gaumen präsentieren sich die Tannine bereits wunderbar weich. Nach mittlerweile sechs Stunden Luft ein trinkreifer Genuss. Daneben präsentiert sich der Mascarello Barolo 2004 als Kraftlackel in Kinderschuhen. Ein klassischer Barolo in Sichtweite der Trinkreife. Die nächste Flasche werden wir erst in 10 Jahren öffnen.

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7. AKT: BORN IN THE USA
Mayacamas Cabernet Sauvignon 1982
Phelps Insignia 1997


Mayacamas Cabernet Sauvignon 1982 vom Mt. Veeder im Napa Valley. Bis zum Schluss waren wir uns nicht sicher, ob der Wein fehlerhaft ist. Reizvoll mit komplexen Aromen, die dann wieder mit vermeintlich fehlerhaften Noten durchmischt wurden. Auch wenn der Wein seine Größe aufblitzen ließ, war die Flasche vermutlich nicht ganz sauber. Der zweite Wein im Flight war Phelps Insignia 1997. Wir finden zu recht mit 100 Parker Punkten ausgezeichnet. Vorausgesetzt, man mag die Kombination kalifornischer Kraft, Frucht und Länge mit Säure und Komplexität, die an die alte Welt erinnert. Nach 25 Jahren immer noch sehr jugendlich, ein würdiger Abschluss der Rotwein-Flights.

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8. AKT: DER SCHARZHOFBERG
Egon Müller Riesling Scharzhofberg Auslese 2007


Solitär trinken wir dann noch von Egon Müller Riesling Scharzhofberger Auslese 2007. Der vermutlich berühmteste Weinberg Deutschland wird seinem Ruf gerecht. Ein super Finale eines hedonistischen Abends.

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DA CAPO

Hoppla, jetzt hätten wir fast vergessen, dass da noch Comtesse 1986, Clos de Pape 1989 und eine Vega Sicilia 1972 waren, die diesen grandiosen Weinabend abrundeten.