In Österreich wird Deutschland hauptsächlich mit Automobilindustrie, Fussball und Bier assoziiert. Dabei zählt Deutschland zu den 10 wichtigsten Weinproduzenten der Welt und sorgt regelmässig mit Spitzenweinen für Furore. Grund genug dem Weinland Deutschland einen Sommerschwerpunkt mit folgenden Themen zu widmen:
- Wissenswertes über das Weinland Deutschland (dieser Artikel)
- Die wichtigsten Weinregionen Deutschlands mit Kurzvideos unserer Partnerwinzer (Mitte Juli)
- Deutsche Prädikatsweine inkl. Tipps zu deren Verwendung (Mitte Juli)
- Der Riesling: eine polarisierende Rebsorte (Anfang August)
- Versteigerungsweine: Geschichte & trinkreif Selektion
- Spätburgunder: längst kein Geheimtipp mehr (Anfang August)
- Deutscher Schaumwein (Mitte August)
Nicht zu vergessen natürlich die grossartigen Weine unserer deutschen Partnerwinzer Katharina Wechsler, Grans-Fassian, Tobias Knewitz und Gut Hermannsberg, die wir Mitte Juli im Rahmen der Vorstellung der Weinregionen genauer vorstellen. Deren wunderbare Weine kann man natürlich jederzeit bei uns bestellen:
10 BESONDERS WISSENSWERTE PUNKTE ÜBER DAS WEINLAND DEUTSCHLAND
1. Die Geschichte
Deutscher Weinbau und deutsche Weinkultur haben ihren Ursprung in der Region um Trier. An Mosel, Saar und Ruwer kultivierten schon Römer und Kelten vor rund 2.000 Jahren Wein. Vor hundert Jahren konkurrierten die Weine Deutschlands mit den begehrtesten Weinen Frankreichs: Der Weinhandel zahlte Höchstpreise und die Versteigerungen der "Edelgewächse" waren Ereignisse von internationalem Rang. Im Gegensatz zu Österreich hat der Weinbau in Deutschland eine viel längere internationale Bedeutung. Die beiden Weltkriege führten jedoch zu einer Abkehr der internationalen Kundschaft, die auch nach Kriegsende anhielt. Deutschland hatte zwar keinen Weinskandal, aber die Industrialisierung des Weinmachens hielt auch dort Einkehr, die Mengen stiegen und die Qualität des Weines sank.
Quo vadis? Die neuen Generationen von deutschen Winzern sind seit Jahrzehnten dabei, den Deutschen Wein neu zu definieren, mit unglaublicher Finesse, Herkunftsgedanken, Diversität und Einzigartigkeit. Dank gut ausgebildeter Winzer, die Erfahrungen im Ausland sammelten und miteinander gut kommunizieren und auch dank dem Klima-Wandel geht es mit dem Deutschen Weinbau steil bergauf. Man besinnt sich sowohl bei den Rebsorten, als auch beim Weinstil wieder zurück zum ursprünglichen Erfolg deutscher Weine, der trockener ausgebaut wird und extrem hohe Qualitäten liefert.
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2. Anbaugebiet & wichtigste Regionen
Die Rebfläche Deutschlands ist verglichen mit der zu Österreich mehr als doppelt so groß (103.000 ha DE vs 48.000 ha AT), aber die Anzahl der Winzer ist vierfach höher (80.000 vs 20.000 Winzer/innen) dh. die Betriebe sind durchschnittlich kleiner als in Österreich. Die produzierte Weinmenge Deutschlands beläuft sich auf 9 Mio hl. Beim Pro-Kopf-Weinkonsum liegt Deutschland klar hinter Österreich: 27,7 Liter (AT) vs 20,1 Liter (DE) pro Person und Jahr.
Im Ranking der grössten weinproduzierenden Ländern nimmt Deutschland knapp hinter Australien und Südafrika Platz 10 ein - in Europa hinter Italien, Spanien und Frankreich Platz 4.
Die deutschen Rebflächen werden für die Bezeichnung von Deutscher Wein (ehemals Tafelwein) und Deutscher Landwein in 5 Tafelweinbaugebiete mit 8 Untergebieten und 19 Landweingebiete gegliedert. Für die Herstellung von Qualitätswein wird die Fläche in der in Deutschland Wein angebaut wird, in 13 Anbaugebiete für Qualitätswein mit insgesamt 43 Bereichen, 167 Großlagen und 2.658 Einzellagen gegliedert. Die 13 deutschen Weinanbaugebiete absteigend sortiert nach bewirtschafteter Fläche:
Das Weinbauland Deutschland verfügt über eine ganz besondere Vielfalt unterschiedlicher Bodenstrukturen - selbst innerhalb der einzelnen Weinanbaugebiete. Dabei ist vom lockeren sandigen Untergrund über Lehm- und Löss-Böden bis zum brüchigen Schiefer oder harten Granit eine grosse Bodenvielfalt zu finden, welche eine besondere Rebsorten- und Geschmacksvielfalt ermöglichen und in ihrem breiten Angebot einzigartig machen.
Deutschland hat kontinentales Klima mit warmen Sommern und kalten Wintern. Einerseits sehr kühl in den nördlichen Anbaugebieten (Mosel), auf der anderen Seite ist Baden vergleichbar mit den wärmeren Gebieten in Österreich. Ein Großteil der deutschen Rebflächen liegt nahe oder südlich des 50. Breitengrades. Zum Vergleich: Österreich liegt zwischen 47. und 48. Breitengrad und Champagne zwischen 48 und 49. Weinbau in dieser Breite ist im internationalen Vergleich ungewöhnlich und nur möglich aufgrund eines entsprechenden Mikroklimas. Die Weinberge liegen meist an besonders geschützten Stellen in Flussnähe und sind in Hanglage oder steil nach Süden oder Westen optimal zur Sonneneinstrahlung ausgerichtet. Die zur Sonne geneigten Böden speichern im Laufe des Tages Wärmeenergie, die sie auch noch weit nach Sonnenuntergang abgeben, so dass frühzeitiger Nachtfrost vermieden wird. Die steilen Talhänge sorgen zudem für einen schnellen Kaltluftabfluss. Die Rebflächen befinden sich vorwiegend im durch die umliegenden Berge geschützten Tal des Rheins und seiner Nebenflüsse Ahr, Mosel (mit Nebenflüssen Saar und Ruwer), Lahn, Main und Neckar.
Deutschland wie auch Österreich kann den Temperaturanstieg durch den Klimawandel noch gut ausgleichen. Die Bezeichnung Cool Climate Region geht aber zukünftig vermutlich eher Richtung England, Schweden und Dänemark. Wetterextreme sind aber dem Klimawandel geschuldet und stellen auch in Deutschland ein großes Problem dar.
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4. Rebsorten
Das Weinbauland Deutschland erzeugt 67% Weißwein und 33% Rotwein. Riesling ist dabei klar das Aushängeschild (23,3 % der Gesamtrebfläche), aber es gibt noch viele andere Rebsorten wie Weißburgunder oder Silvaner, die warten international entdeckt zu werden. Der Spätburgunder (Pinot Noir) steht bei den deutschen Rotweinsorten an der Spitze (11 % der Gesamtrebfläche) und hat sich unter Weinliebhabern bereits einen Fixplatz gesichert. Pinot Noir von der Ahr, aus Franken und Baden haben den Anschluss an die internationale Spitze aus Frankreich und USA gefunden, vor allem wenn es um Preis/Leistung und Verfügbarkeit geht. Top Weißweinsorten und Anbaufläche 1. Riesling 24.049 ha / ca. 23% der gesamten Anbaufläche
2. Müller Thurgau 11.736 ha / ca. 11%
3. Grauburgunder 7.069 ha / ca. 7%
Top Rotweinsorten und Anbaufläche 1. Spätburgunder (Pinot Noir) 11.717 ha / ca. 11%
2. Dornfelder 7.498 ha / ca. 7%
3. Blauer Portugieser 2.670 ha / ca. 3%
(Quelle: Deutscher Wein – Statistik 2019/2020)
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5. Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP)
Heute ist deutscher Wein längst wieder so angesehen wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit diesem Erfolg untrennbar verbunden ist auch die Geschichte des VDP. Die Grossen Lagen der VDP Winzer spielen international die Hauptrollen des Deutschen Weins. Der VDP ist unangefochten der führende Zusammenschluss von Winzern in Deutschland. Standards bei Produktion und Nachhaltigkeit sowie die Lagen-Klassifizierung nach dem Modell der Bourgogne Vorbild für viele Winzer-Vereinigungen. Einen guten Überblick über den Verband und seine Arbeit bietet dieses kurze Video:
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6. Internationale Bedeutung
Mitte des 19. Jahrhunderts hatten Rheinweine ein internationales Renommee, das in der damaligen Zeit nur noch mit dem der Crus Classés aus dem Médoc und dem Sauternes zu vergleichen ist. In Deutschland wie in England waren weiße Rheinweine zusammen mit französischen Rotweinen, Champagner sowie Süßweinen fester Bestandteil jedes Menüs. Anfang des 230. Jahrhunderts zählten deutsche Weine zu den teuersten der Welt. Ein Umstand der 100 Jahre später gar nicht mehr so abwegig ist, wenn man die auf Versteigerungen erzielten Preise für Trockenbeerenauslesen heranzieht.
Deutsche Weine sind von den Weinkarten internationaler Spitzenrestaurants heute nicht mehr wegzudenken und Deutschland ist mit ca. 1 Million Hektoliter exportiertem Wein heute die achtgrösste Weinexport-Nation der Welt. Die wichtigsten der 100 Exportmärkte sind dabei USA, NL, UK und Norwegen.
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7. Winzersekt
Die Deutschen trinken gerne Schaumweine. Deutschland ist ein großer Absatzmarkt für Sekt und Champagner aus aller Welt. Aber auch der deutsche Sekt selbst wird in Deutschland gerne getrunken. Er ist über die Jahrzehnte zum echten Aushängeschild kleiner und großer Sektkellereien geworden. Fernab der Supermarktware, gelingt es immer mehr Sektmanufakturen mit Champagner, Cava oder Cap Classique Sekt zu konkurrieren. Neben Branchen-Führern wie Rotkäppchen-Mumm erzeugen deutsche Winzer herausragende Sekte, die aus Riesling aber auch Burgundersorten in traditioneller Flaschengärung entstehen.
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8. Das Weingesetz
Deutscher Weinbau hatte bis Ende des 20. Jahrhunderts aufgrund seiner Lage immer Probleme mit dem Ausreifen der Trauben und daher war das "Aufzuckern" der Weine Routine. Das Gesetz legte deshalb die Traubenreife als oberstes Qualitätskriterium fest. Süße als oberstes Qualitätskriterium zu wählen ist zwar historisch verständlich, aber für den Weinbau heute nicht mehr zeitgemäß. Sich überlappende Prädikate, die in den einzelnen Anbaugebieten auch noch unterschiedlich definiert werden, lassen für einen durchschnittlichen Verbraucher kaum einen Schluss auf Qualität oder Geschmacksrichtung zu. In dem Land, dass der Welt die Deutsche Industrienorm (DIN) geschenkt hat, gibt es beim Wein kaum verlässliche Bezeichnungen.
Mit der Novelle von 1971 wurden zudem die teils berühmten Namen kleinerer Lagen auf sogenannte Großlagen ausgedehnt, die bis zu 1800 Hektar umfassen können. Durch diese kommerziell motivierte Novelle der Lagen, können sich viele Weine auf minderwertigen Böden seither mit großen Namen schmücken.
Umso wichtiger daher die Rolle des privaten Vereins VDP bei der Definition von Qualitätskriterien und Bezeichnungsrichtlinien die für ihre Mitglieder verbindlich sind.
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9. Restsüße mit Tradition
Dem deutschen Weißwein ist ein vergleichsweise hoher Säureanteil zu eigen. Daher wird häufig versucht, den säurehaltigen Wein durch einen Restsüßeanteil und/oder einen höheren Alkoholanteil harmonisch zu gestalten. Folgende Geschmacksgrade werden unterschieden:
Trocken ist die Bezeichnung für Weine, die fast oder ganz durchgegoren sind; das heißt für Weine mit einem Restzuckergehalt bis höchstens 4g/l. Der Gesetzgeber erlaubt die Bezeichnung „trocken“ darüber hinaus bis zu einem Restzuckergehalt von 9g, wenn der in g/l Weinsäure ausgedrückte Gesamtsäuregehalt höchstens 2g/l niedriger ist als der Restzuckergehalt (Formel: Säure + 2 bis zur Höchstgrenze 9). Ein trockener Wein ist nicht gleichbedeutend mit sauer. Er enthält eben nur wenig unvergorenen Zucker. Allerdings schmeckt man bei trockenen Weinen eine höhere Säure eher.
Halbtrockene Weine dürfen bis zu 12 Gramm Restzucker je Liter aufweisen, bzw. bis 18g/l, wenn dabei der Restzuckergehalt den Säuregehalt nicht mehr als 10g übersteigt. (Formel: Säure + 10 bis zur Höchstgrenze 18).
Häufig findet man auf Weinetiketten auch die Bezeichnung feinherb. Diese inoffizielle fünfte Geschmacksrichtung ist nicht eindeutig definiert, wird geschmacklich aber zumeist zwischen halbtrocken und lieblich eingeordnet. Obwohl sie nicht offiziell weinrechtlich reglementiert ist, erfreut sie sich zunehmender Beliebtheit.
Liebliche Weine weisen einen Restzuckergehalt auf, der die für halbtrocken festgelegten Werte übersteigt, aber höchstens 45 g/l erreicht.
Die Angabe süß ist ab 45 g/l zulässig.
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10. Weinkönigin und ihre Prinzessinnen
In Deutschland wird seit 1949 in Neustadt an der Weinstraße eine Deutsche Weinkönigin gewählt. Mit Fernsehshow etc. - dieses Ereignis nehmen sie, wie Karneval wirklich ernst. Die Weinkönigin und ihre zwei Prinzessinnen machen einen super Job und promoten Deutschen Wein über die Landesgrenzen und Kanäle hinaus. Folge den Majestäten auf ihrem Facebook-Kanal und auf Instagram.